Über die Identität solcher Köpfe ohne Basis wird bereits seit über 100 Jahren debattiert. Felix von Luschan war noch 1919 davon überzeugt, dass alle Köpfe dieser Art weibliche Personen darstellen. Mittlerweile geht die Forschung von einem Gedenkkopf aus, der in Andenken an eine wichtige männliche Persönlichkeit in Benin entstanden sein muss. Die neuste Forschung geht seit Fagg und Dark von der symbolhaften Darstellung eines Oba (König von Benin) aus.
William Fagg hat 1963 einen ähnliches Objekt geschlechtsneutral als "Bronzekopf für die königlichen Ahnenaltäre" bezeichnet. Da Köpfe dieser Art seiner Beobachtung nach im Laufe der Zeit immer stereotyper gestaltet wurden, vermutet er ihre Hauptaufgabe später vor allem als Sockel für Elfenbeinzähne. Die kostbaren Zähne, auf denen sämtliche Taten des Königs illustriert wurden, galten als Symbol für Autorität und Reichtum und wurden oben in die extra dafür vorgesehene Öffnung der Köpfe gesteckt.
Für das mit 400 Jahren recht hohe Alter des Objekts spricht die sehr differenziert wiedergegebene Perlenhaube. Während die frühen Köpfe noch tatsächlich den Oba repräsentierten und in einem langwierigeren Gussverfahren hergestellt wurden, vermutet Fagg, dass die jüngeren Köpfe dieser Art nur noch als Basis für das Elfenbein fungierten und dementsprechend in einem schnelleren Verfahren produziert wurden. Auffällig ist die seltene Wiedergabe der Augenbrauen unter den drei Schmucknarben und über dem Auge.
Vgl.:
Philip J. C. DARK: An introduction to Benin art and technology. Oxford 1973, S. 95.
Felix von LUSCHAN: Die Altertümer von Benin. Band 1, Berlin 1919, S. 355-358.
William B. FAGG: Bildwerke aus Nigeria. München 1963, S. 44.
Armand DUCHATEAU: Benin. Kunst einer afrikanischen Königskultur. München 1995, S. 45-53.
Ethnologisches Museum Berlin - Digitale Ausstellung |