|
Sehr
geehrte Damen und Herren,
ich möchte Sie ganz herzlich zu unserer ersten thematischen Ausstellung
in den neuen Räumen der Stuttgarter Gerberstraße begrüßen.
Nachdem ich bei meiner letzten kurzen Einführung vor zwei Wochen
in freier Rede gesprochen hatte und dabei die Hälfte vergaß,
komme ich diesmal gleich im Vorfeld zu einem wichtigen Punkt. Nämlich
ein paar Danksagungen.
Am 15. April wurde die Bedeutung der Galerie von Dr. Uschi Eid und
Senator Echeruo, dem Botschafter Nigerias, auf meine Person fokusiert.
Heute möchte ich hervorheben, dass auch eine ganze Reihe Mitstreiter
massgeblich am bisherigen Erfolg der Galerie beteiligt waren. Auch
wenn die Galerie bis heute rechtlich eine Ein-Personen-Gesellschaft
war, so sind doch viele Privatpersonen und Firmen am Gelingen der
Arbeit beteiligt. Hier sind natürlich zuerst die Künstler
zu nennen, die in schwierigen Situationen immer motivierend zur Stelle
waren.
...( diverse Danksagungen ).............doch nun zur Ausstellung selbst.
Sie sehen Gelbgussarbeiten, hergestellt im Wachsausschmelzverfahren
und geschmiedete Eisenarbeiten aus West- und Zentralafrika. Als eine
in diesem Umfang noch nie gezeigte Übersichtsausstellung konzentrieren
wir uns auf eine kunstgeschichtliche Linie der höfischen Kunst
Kameruns von 1800 bis heute.
Ein paar sehr interessante Gedenkköpfe der späten Benin-Kultur,
eine wunderschöne Eisenarbeit der Dogon, bronzene Goldgewichte
aus Ghana und einzelne andere Objekte ergänzen das Thema.
Der Besucher, der unbefangen diese Arbeiten betrachtet, würdigt
automatisch die hohe handwerkliche Leistung die an diesen Objekten
sofort und klar erfahrbar ist. Er sieht Objekte, von denen manche
glauben, dass asiatische Einflüsse zu sehen sind. Andere rätseln
an den allegorischen Komponenten, wieder andere an der technischen
Umsetzung.
Ich habe mir entgegen sonstigen Gewohnheiten diesmal die Mühe
gemacht, an einigen der wichtigsten Werke dieser Ausstellung sehr
ausführliche Texte anzubringen. Diese Texte beschreiben die Objekte
selbst. Sie beschreiben das Alter, Herkunft und auch Vermutungen,
denn vieles liegt noch im Dunkel und ruft nach wissenschaftlicher
Bearbeitung. Vieles ist kontrovers in dieser Ausstellung und ich glaube,
ich habe noch keine gemacht, bei der in der Beurteilung der einzelnen
Arbeiten so unterschiedliche Standpunkte aufeinanderprallen und der
Erklärungsbedarf so hoch ist wie heute.
Weil die mühevolle Arbeit der Texterstellung geleistet und gedruckt
ist möchte ich in dieser Rede nicht so sehr auf die einzelnen
Exponate eingehen. Das kann ich nachher bei Einzelgesprächen
wenn über die Texte hinaus noch Fragen auftauchen.
Was in diesen Texten nicht auftaucht sind Hintergründe, die auch
etwas mit Stuttgart zu tun haben.
Als junger grüner Sammler und ofenfrischer Galerist hatte ich
1989 in einem Katalog einige kunstgeschichtliche Thesen angedeutet.
Vorsichtig formuliert, relativiert aber mit viel Freude, bei meiner
Rückkehr von Afrika einige grosse Schätze mitgebracht zu
haben. Schätze aus der Sammlung des früheren Parlamentspräsidenten
von Kamerun und Begründer der Nigerian and Cameroonian Antiquity
Commission, Solomon Tandeng Muna, der mir die Herkunft vieler dieser
Objekte die Sie hier heute sehen erläuterte. Mehrfach ist sein
Sohn schon nach Deutschland gereist und betonte in vielen Reden, dass
unsere Gemeinsamkeit eine Betrachtung aus afrikanischer Sicht sei,
bemängelte, dass schwarze Sammlungen keine Provenienz darstellten
und hoffte, dass diese Objekte nicht nur eine Würdigung im globalen
Wertesystem bekommen würden, sondern auch einige geschichtliche
Betrachtungen korrigieren könnten.
Jüngst hat das Institut für Kunstgeschichte eine gross angelegte
Studie mit dem Titel Kunststadt Stuttgart veröffentlicht.
Diese höchst interessante Untersuchung kritisiert im Resümee
eine eklatant missliche Situation im Bereich der Zusammenarbeit von
Institutionen und privaten Initiatoren. Heute werde ich wie in meinem
Email schon angekündigt, im speziellen die Rolle des Stuttgarter
Lindenmuseums für Völkerkunde beleuchten.
Einige meiner Freunde hätten gerne gehabt, dass ich etwas spitziger
formuliere aber aus diplomatischen Gründen habe ich etwas gebügelt.
Dennoch bleibt das Thema heiß.
Neben ihrem eigentlichen Wert stehen stehen viele der heute zu sehenden
Objekte nämlich exemplarisch für jenen Misstand, den das
Institut für Kunstgeschichte bemängelt. Ein Zustand, den
die Kulturbürgermeisterin von Stuttgart, Frau Dr. Magdowski als
Vertreterin Ihrer eigenen Zunft ebenso kritisiert, wie viele andere,
deren Engagement über eigene Interessen hinausgeht und die in
der Lage sind, in übergeordneten Strategien zu denken. Ich hole
aus.
Der Leiter der Abteilung Afrika im Lindenmuseum, Herr Dr. Hermann
Forkl, beschloss 1991 aus mir unbekannten Gründen, diese Metallarbeiten
aus Kamerun als Machwerke zu betrachten, die es zu ignorieren galt
und von denen er ableitend auch den Kontakt zu mir als einen Vertreter
des ortsansässigen Fachhandels abbrach. Herr Forkl hat sich in
elf Jahren meiner Galerietätigkeit nie die Mühe gemacht,
meine Galerie zu besuchen und diese Objekte zu begutachten.
Sie sollten hier ergänzend noch alle wissen, dass das Lindenmuseum
auf der Behandlung von Kamerun einen geographischen Schwerpunkt hat.
Nicht genug, im Bereich von Stammeskunst kein Interesse zu zeigen.
Nein, eine vermutlich persönlich begründete Aversion gegen
den Handel und Sammler allgemein führt Herr Dr. Forkl soweit,
auch diese einzigartigen Beispiele seltener afrikanischer höfischer
Kunst zu ignorieren. Aber auch damit nicht genug, er belässt
es nicht dabei untätig zu sein, sondern er trägt diese Ignoranz,
mit Heimvorteil im eigenen Hause, noch hinein in die Leitung des Museums.
Dort ist man prophylaktisch solidarisch der Meinung, die ablehnende
Haltung des Herrn Dr. Forkl wäre begründet. Auch von diesen
angesprochenen Herren lässt sich sicherheitshalber niemand im
kulturellen Getriebe sehen.
Wir hier draussen in der gemeinen Welt kennen nun diese Meinung aber
gar nicht.
An diesem Punkt verfügt also Herr Dr. Forkl nicht nur über
eine Ahnungslosigkeit bezogen auf Objekte, die er noch nie in Augenschein
genommen hat, sondern er ist auch Ahnungslos über den Schaden,
den er auf vielen Ebenen anrichtet. Und mit ihm die Leitung des Hauses,
die in einer geführten Korrespondenz nichts anderes tut als den
Angestellten des Hauses als einer der Ihren zu schützen, vermutlich
in der Angst, mit hinein in eine Verantwortung gezogen zu werden,
dafür, dass die afrikanische Abteilung des Museums für Völkerkunde
permanent und stetig seinen Ruf einbüsst. Diese Aussage steht
- ohne wenn und aber !
Die Verteidigung wird aber nicht inhaltlich geführt.
Ich fülle also das Resumee des Instituts für Kunstgeschichte
mit harten Fakten an.
Mit permanent rückläufigen Besucherzahlen schädigt
das Museum den Ruf Stuttgarts. Dies hat viel mit schlechten Ausstellungen
der Afrikaabteilung zu tun, mit eklatanten Mängeln bei der Dauerausstellung
und am meisten mit dem Umgang von Fachpublikum vor Ort selbst. Dadurch
wirkt die Afrikaabteilung des Lindenmuseums explizit geschäftsschädigend
für den ansässigen Fachhandel und ist weiterhin nicht in
der Lage die ihr zugeteilte Rolle zu erfüllen, ein junges Publikum
über die Völker und Kulturen dieser Erde zu bilden und zu
informieren.
Wie viele meiner Besucher wissen, nehme ich meine Aufgabe als Galerist
insofern ernst, dass ich nicht nur opportun nachplappere, sondern
Erkenntnisse und Entdeckungen in Form von Thesen formuliere. Wenn
man nun irgendwo ausserhalb von Stuttgart auf eine dieser Thesen wie
beispielsweise die der Bronzen zu sprechen kommt, ist eine der ersten
Fragen die gestellt wird "Haben Sie schon Verbindung mit dem
Lindenmuseum aufgenommen ?"
Diese Frage muss ich leider immer gleich und stereotyp beantworten. "Nein, leider war vom Museum noch niemand bei mir. Nein, nicht
der Direktor, nein nicht der Codirektor, nein nicht der Leiter der
Afrikaabteilung."
Es braucht wenig Phantasie, zu erahnen wie ein weiterer Gesprächsverlauf
aussieht, wenn bereits im Vorfeld ein solch massiver Negativanker
eine Stimmung von Misstrauen provoziert. Nicht dass in anderen Städten
paradiesische Zustände zwischen Wissenschaft, Handel und Sammlern
herrschen, aber dass hinter der Stuttgarter Nichtbeachtung schlicht
nichts anderes als Ignoranz steht, kann man sich andernorts nicht
vorstellen. Und das geht nun zu Lasten meiner ganz persönlichen
Reputation.
Es ist immer ein wenig unstatthaft, wenn der Handel über Handel
lamentiert. Dennoch sollte der Kommerz angesprochen werden. Denn mehr
als der Handel jammert das Lindenmuseum selbst. Da geht der Herr Dr.
Forkl schon mal mit der Kalebasse im mitgliedsbeitragzahlenden Publikum
herum und drückt auf die Tränendrüse bis zur Peinlichkeit.
Auf meine mehrfach schriftlich gestellte Frage, ob es stimme, dass
1995 einem damaligen Kunststudent eine Ibo-Maske für DM 40.000,-
aus Lotto-Totto-Geldern abgekauft wurde, die dieser für DM 100,-
in Paris auf dem Flohmarkt erstanden hätte, wurde mir geantwortet,
man sei der Öffentlichkeit keine Rechenschaft schuldig.
Immer hört man den Ruf heraus aus dem Lindenmuseum, es sei kein
Geld vorhanden. Wo dann die plötzliche Segnung auftaucht und
man jüngst für - ohne Gewähr - 160.000,- DM eine Sammlung
Friseurschilder kaufen kann, entzieht sich meiner Kenntnis.
Kürzlich, ich gönne es meinem Freund dem Agrarwissenschaftler,
kaufte ihm Herr Forkl für DM 6.000,- drei Lehmformationen ab,
die in der Hohenheimer Universität im Bereich Bodenkunde eine
Rolle spielen.
Zum Vergleich, Umsätze zwischen dem Lindenmuseum und der Galerie
Peter Herrmann als Vertreter des Stuttgarter Fachhandels in nunmehr
elf Jahren - DM 0,00,-
Wenn Sie nun denken, es wäre eine Fehde zwischen mir und Herr
Forkl, hören Sie sich einmal um bei meinen Galeriekollegen und
bei Fachexperten in ganz Deutschland. Es ist frappierend wie einhellig
die Meinung ist. Ausser eben im Museum.
Ein Schriftverkehr zwischen Herr Prof. Thiele als Direktor des Lindenmuseums,
einbezogen Herr Prof. Kalter als stellvertretender Direktor sowie
der Kulturbürgermeisterin Frau Dr. Magdowski liegt zur Einsicht
vor.
Als Anregung einer fachinternen Regelung zur Beendigung eines sichtbaren
Misstandes schlug Frau Dr. Magdowski dem Herrn Direktor Thiele die
Einberufung einer Expertengruppe vor. Diese Anregung fand Herr Prof.
Thiele im Gespräch mit Frau Magdowski verbal konstruktiv. Dies
sagte mir Frau Dr. Magdowski bei einem Besuch in meiner Galerie in
der Friedenstraße und bat mich, eine solche Gruppe zusammenzustellen.
Das wollten wir nun gerne tun. Wie der Direktor des Lindenmuseums
dieses Ansinnen ablockte ist auf der letzten Seite der gesammelten
Korrespondenz nachzulesen. Dabei wäre die Gruppe der Experten
die sich ohne langes Zögern beteiligen wollten, wirklich höchst
potent. Für einen Schutzpreis von DM 10,- erhalten Sie diese
Korrespondenz von meiner Mitarbeiterin Frau Kunze.
Diese Korrespondenz wird ab heute öffentlich um die zunächst
intern begonnene Diskussion auf einer breiteren Plattform weiter zu
führen und um mich selbst als beteiligte Person wieder zurückzunehmen.
Denn ich will mich eigentlich um Ausstellungen kümmern. Um die
schönen Dinge des Lebens, die man sich nicht von Sauertöpfen
beeinflussen lassen soll, um Diskussionen, um sinnliche Wahrnehmungen
und konstruktive Widerborstigkeiten.
Im Zeitalter der gnadenlosen Informationsschwemme ergibt sich nämlich
ein eigentümlicher Effekt. Museen und Galerien gewinnen, entgegen
meiner Befürchtung der letzten Jahre, wieder zunehmend mehr an
Bedeutung. Es kann in aller Einfachheit gesagt werden, dass bei weiten
Teilen der Bevölkerung die Konsumierung von medialer Information
zu einer neuen Kategorie der Verblödung führt. Die Datenmenge
die das Verbraucherhirn erreicht, kann von diesen im Grunde nicht
mehr in Übersichtskategorien eingeteilt werden. Eine Verknüpfung
der einzelnen Informationen findet immer begrenzter statt. Die Vernetzung
mutiert zum Megalabyrith. Die Zeit beamt mich also nicht weg, denn
in den Galerien findet immer noch eine Arbeit statt, die Verständnis
und Kommunikation schafft. Es sind dies die Plätze, in denen
Anspruchshaltungen kreiert und Sinnlichkeiten gepflegt werden.
Und Geselligkeit. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend
bei einem guten Glas Wein, eine gute Tapas vom Restaurant Don Juan
und Verwöhnung ihrer Gehörgänge durch Stephan Charisius
an der Kora.
Guten Abend und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Auf die
Rede folgende Posse |