Sehr geehrte Damen und Herren, Interessierte an Kulturen Afrikas oder Freunde der Arbeit von Ralf Schmerberg, es ist mir eine grosse Freude hier in Bremen eingeladen zu sein und Ihnen über den Film und den parallel dazu enstandenen Fotozyklus Hommage á noir Interessantes erzählen zu können. Da diese Ausstellung Teil eines umfangreichen Programms über Afrika ist, das, wie fast immer, Afrika kritisch beleuchtet, habe ich mich ganz entgegen der eigentlichen Philosophie des Film darauf eingestellt, die Einführung kontrovers zu betonen. Nachdem Ralf Schmerberg in zweijähriger Arbeit den Fotozyklus Der Stamm der weissen Krieger fertigstellte, der neben vielen Verdichtungen einen explizit globalen Hintergrund und einen politischen Bezug auf den Umweltgipfel in Rio de Janeiro hatte, wuchs bei ihm in der Reibung mit Afrika eine Einstellung, eben jener dauernden, oft sehr verzweifelt anmutenden Suche nach Problematisierung etwas entgegenzusetzten, was in optimaler Weise nichts anderes tut, als Respekt zu schaffen und Achtung zu zeigen. Ein Film entstand der kein Hehl daraus macht, daß er aus der Sicht des europäischen Betrachters entstanden ist und der mit einigen Klischees spielt. Das genügte, um die ersten Kritiker auf den Plan zu rufen, die im wesentlichen in zwei Gruppierungen einzuordnen sind. Die Gruppe der Künstler und eine von weissen Aktivisten aus der westlichen Welt mit Focus Afrika. Sehr interessante Diskussionen entstanden, die sich durchaus emotional steigerten, was vor dem Hintergrund des Film sehr eigenwillig anmutet, ist er doch friedlich, unterhaltsam, ästhetisch, sinnlich. Was also erregte die Gemüter? So gerne ich die Gespräche führte, um so verwunderter war ich gegenüber standig wiederkehrender Argumentationen, bei denen sich immer mehr zwei Stereotypen herauszeichneten. Einige Künstler warfen Ralf Schmerberg vor, Stilmittel zu verwenden, die von der Werbung übernommen wären. Dieser seltsame Vorwurf reduzierte sich in fast allen Gesprächen auf eine seltsame Art der diffusen Heiligsprechung des Arme-Künstler-Klischees, das von niemand so vehement verteidigt wird, wie von Künstlern selbst. Hätte Schmerberg leidenderweise während der Produktion Würstchen verkauft und verzweifelt aus der Not um Inhalte und Finanzierung gerungen, so wäre er einer der Ihren und wir hätten einen Grpßteil der Kritiker nicht gehabt. Sehr wohl verwendete Schmerberg einige Stilmittel, die aktuell in der Werbung ebenfalls verwendet wurden. Als einer der sein Geld auch mit Werbung verdient, eine naheliegende Vorgehensweise. Die Kritiker sahen aber nicht, daß die Verwendung bestimmter Schnitte und gefühlsbestimmter Bildfolgen maßgeblich von Schmerberg in der Werbung aktuell um den Zeitpunkt 1995 eingeführt wurde. In der Branche der Werber ist der Filmemacher und Fotograf einer der ganz Großen, weil er Stilmittel der Kunst glaubwürdig in Trailer umsetzen konnte, was nach Charles Wilp in den Siebzigern kaum einem Deutschen glücken wollte. Was ihm bei den einen enormen Achtungserfolg bescherte, ließ in bei einigen Gralshütern der Kunstbranche als Nicht-Künstler durchfallen. Auf meine Frage an Ralf, wodurch er sich seinen Erfolg in der Werbung erkläre, sagte er, von Beginn seiner Karriere wäre er auf der Suche nach Menschlichkeit und habe versucht, die umsetzbaren Komponenten auch in Spots zu verarbeiten. Fast die gesamte Werbebranche hatte zu diesem Zeitpunkt auf der Welle von unterkühlter Abgehobenheit und Setzung von Bildplattitüden der neuen deutschen Sachlichkeit geritten, wodurch seine Sequenzen schlicht vom Verbraucher besser angenommen wurden. Schon bei unserer ersten Zusammenarbeit zeichnete sich Ralf dadurch aus, daß er bohren konnte um verborgene Essenenzen aus seinem sachspeziefischen Gesprächspartner zu filtrieren. Immer wollte er das Wesen des von ihm behandelten Sujets so nah wie möglich greifen, was fast allen seinen Produktionen etwas Authentisches und Originäres verleiht. Das, was einige Künstler als Mittel der Werbung brandmarkten, war viel mehr Ausdrucksmittel von Musicclips, die sie allerdings mit derselben Verachtung straften wie Werbespots. Warum also differenzieren, hinein in der großen Topf. Daß die Stilmittel der Fantastischen Vier oder der Toten Hosen, für die er Clips drehte, sich wechselseitig mit Schmerbergs befruchteten, entging vielen Berufsblinden. Daß mit Ralf Hildenbeutel ein Komponist aus dem Bereich elektronischer Musik so Hervorragendes leistete, daß auf dem New York Film Festival sein Soundrack zu Hommage einen Gold Award abräumte, ging im Gefecht unter. An die Kamera holte Schmerberg den damaligen Studenten der Filmakademie Ludwigsburg Franz Lustig, dessen Karriere mit Wim Wenders Land of Plenty einen aktuellen Höhepunkt erreicht hat. Steffen Graubaum am Ton ist unauffällig aber bei vielen großen Produktionen präsent. Mit Werner Wiese hatte der Film einen der besten Deutschlands für technische Effekte. Ihn zu gewinnen, daß er mitmachte bei den Freaks, wie er das Filmteam nannte, war ein großer Gewinn. Eva Meier-Schönung erfüllte in der Produktionsleitung eine Riesen Aufgabe. Zunächst macht ein gutes Team einen Film oder eine Fotoserie per se nocht nicht zum Erfolg. Die Aufzählung soll dennoch eine gewisse Potenz aufzeigen, auch wenn sie weiterhin noch nichts über die Inhalte einer Produktion aufsagen. - Und darum ging es maßgeblich einem zweiten Block von Kritikern. Geschönt, pathetisiert, banal. So lauteten einige Stimmen, die ich über die Jahre sehr grob einer Gruppierung zuordnen konnte, die ich Eingangs mit Aktivisten bezeichnete. Menschen, die sich mit Afrika politisch oder sozial auseinandersetzen, mit ausgeprägtem Hilfswillen, suchten in dem Film vergebens das ihnen gewohnte Wahrnehmungsmuster, das bei genauer Betrachtung sonst vom Dokumentarfilm bedient wird. Diesen Ansatz aber wollte Schmerberg nur bedingt. Einzelne Szenen erinnern an einen Dokumentarfilm und wecken dadurch eine Erwartungshaltung, die in der szenischen Konsequenz jedoch einen eventuell gewünschten Bildungsanspruch nicht erfüllt. Genau das wollten wir schon seit den Vorbereitungen unterlaufen und genau an diesem Eck blieben einige hängen. Vollends durcheinander kam die Erwartungshaltung noch dadurch, daß der Film stringent eine historische oder geografische Ordnung verweigert. Neben anderen sehr subtil eingebauten Highlights, sind einige, die beispielsweise für einen ethnografischen Dokumentarfilm genug Stoff sein könnten. Wissen Sie, ob sie die Reiterfantasia aus Maroua noch einmal sehen können? Ob die alten Männer am heiligen Wasserfall heute noch dort sind und ob nach ihnen die nächste Generation noch dasselbe tut. Sicher ist, daß die Aufnahmen die wir in Bafut machten, auf tragische Weise meine Behauptung untermauern, daß Schmerberg den Kunstgriff schaffte, mehrere scheinbar unvereinbare Dinge zusammenzubringen. Dokumentarisch, poetisch, experimentell, kultisch und unterhaltsam. Einige der ethnologisch bedeutenden Szenen aus Schmerbergs neuartiger Schnittfolge konnten wir in Bafut drehen, einer Kleinstadt im Kameruner Grasland. Wir filmten und fotografierten Maskengruppen aus dem Palast, die vorher noch nie aufgezeichnet wurden. Der Fon von Bafut Abumbi II stand aufgrund einer alten Geschichte tief in der Schuld von Mâitre Bernard Muna, einem hochrangigen Politiker und gutem Freund von mir, der das Entstehen des Films durch seine Kontaktvorbereitungen erst möglich machte. Als Dankesgeste hob der Fon für ihn, und dadurch für uns, einmal dieses strikte Verbot auf und führte uns in eine priviligierte Situation. Ende letzten Jahres, kurz bevor der Palast als einer der wenigen vollkommen intakten und beindruckend schönen afrikanischen Chefferien in das Weltkulturerbe aufgenommen werden sollte, ist durch Brandstiftung nach einer Palastintrige die gesamte Anlage abgebrannt. So wird Hommage á moir und auch das nicht geschnittene, stundenlange Material zu einem wichtigen Archiv von verloren Gegangenem. Wie so oft, auch in anderen Produktionen von Ralf Schmerberg häufig sichtbar, hat er ein seltsames Gespür die Gegenwart unkonventionell zu bannen um kurze Zeit später als Visionär zu überraschen, der ein wesentliches Element erkannt hatte und pointiert ins Mark der Sache ging. Das Jetzt ist oftmals banal. Im Rückblick gewinnen manche Dinge an Größe, die sie zur Zeit ihres Höhepunkts scheinbar nicht hatten. Es wäre, so gesehen, tatsächlich banal im Sinne einiger Ignoranten die sagen, was hat es für uns für eine Relevanz, ob eine Maskengruppe das erste Mal vor der Kamera auftritt oder ob ein bestimmtes Gebäude als Kulisse dienen mußte und folgernd daraus ein anderes nicht. Sehen sie sich mit diesem Hintergrundwissen die Sequenzen im letzten Teil des Films noch einmal an. Ich versichere Ihnen, Sie werden eigentümlich berührt sein. Und dann machen Sie sich noch die Mühe und sehen die Kameraführung in der Reitergruppe an. Franz Lustig streift mit seiner Kamera ganz langsam an einem Reiter entlang, der wie der ganze Aufzug an vergangene Jahrhunderte und seinen brutalen Glanz erinnert. Die letzten Reste von Reiterheeren, von denen Königin Amina aus Zaria nachgesagt wird, sie hätte im 16. Jahrhundert ein stehendes Heer von 80.000 Reitern befehligt. Das weltgrößte stehende Reiterheer seiner Zeit. Was für Kritiker vielleicht wie ein glorifizierender Show-Effekt einherkommt, wird sensibel aufgelöst durch die Sonnenbrille im Gesicht die als ein bestimmbarer Markenartikel fast exakt das Entstehungsjahr des Films benennen kann. In dem Schmerberg auf Worte verzichtete, verdichten sich erzählerische Momente im Bild. Später, bei seinem Film Poem, geht er in das andere, gleichermaßen überraschende Extrem und benützt gedichtete Worte als Hauptmedium im Film um alle anderen Stilmittel nur diesem unterzuordnen. Noch einmal das schöne Wort Klischee, dessen Verwendung sowohl Film als auch Fotos unterstellt wird. Mit anarchischer Freude nimmt sich der Regisseur eben jene vor um oft genug genau die Kritiker bei der engen Auslegung eben jener zu erwischen. Kinder als solche, afrikanische Kinder im Besonderen, sind ganz schwierig zu filmen. Jeder Spendenaufruf wird erhöht durch Kinderaugen, jedem Problemsucher ist das Schulhaus unter Bäumen mit Finger reckenden Lernwilligen ein unverzichtbares Synomym für Armut und jeder Krieg wird erst richtig furchtbar, wenn unschuldige Kinder massakriert werden. Es sind gerade die unschuldigen Kinder die am ungefragtesten für alle Interessen herhalten dürfen, weshalb es anders herum natürlich auch am einfachsten ist, an diesem Punkt mit Kritik zu beginnen. Kinder spielen im Film und in der Fotoserie eine wichtige Rolle. Aber nicht als Klischee. Sie tun es, weil sie im Alltag vorhanden sind. Sie schlafen, sie spielen, sie arbeiten, sie tanzen im Film. Wenn, wie ein schreibender Kritiker in einem Chat zynisch anmerkte, Bonbons in eine Kindergruppe geworfen werden, sei er peinlich berührt über die Banalität der Handlung. Verstehe ich. Das wollte der Filmemacher. Ich versteh nur nicht, warum jener Kritiker an der oberflächlichen Beurteilung verhaftet bleibt. Er merkt scheinbar nicht, daß ein wesentliches Stilmittel Schmerbergs eine ins Pathetisch gehende Überhöhung ist, die dann in einer anderen Sequenz mit Konträrem aufgelöst wird. Was im Film kritisiert wurde, blieb den Fotos erspart. Sie sind von solch unglaublicher Intensität, daß einem fast die Spucke wegbleibt. Die emaillierte Essenschüssel als sparsames Accesoir, die feine textile Struktur im Loch des Hemdchens, der trotzige, der verlorene, der melancholische Blick in abgeklärter Pose, alles dient einer Inszenierung, die die Unterschiedlichkeit der unausgereiften Kindercharakteren betont. Sind die Fotos in ihrer strengen Dichte als normaler Fotoabzug schon einnehmend, gewinnen sie durch den aufwendigen Digitaldruck noch eine besondere, wertvolle Note. Die vermutete Ärmlichkeit der Kinder aus Maroua, semantisch im allgemeinen Sprachgebrauch nicht ganz richtig auch Straßenkinder genannt, kontrastiert mit dem Reichtum des Verfahrens. Wieder haben wir eine dieser seltsamen Widersprüchlichkeiten des Fotografen. Eine pathetische Erhöhung von Armut ins fotogene Deluxe - aber - auf der anderen Seite, eine solche Begabung, die Kinder in einer Off-Situation, vor einheitlich puritanischem Hintergrund in ähnliche Stimmungslagen zu bekommen, in deren szenischer Einheitlichkeit die charakterliche Unterschiedlichkeit erst richtig zur Geltung bringt. He gave them back their dignity wiederholte völlig und sichtlich gerührt der Eingangs schon erwähnte Supporter Bernard Muna aus Kamerun, als er das erste mal vor den Bildern stand. Wenn es jemand schafft, mit einem solch scheinbar banalen Sujet wie Kinder noch eins oben drauf zu setzen, dann Ralf Schmerberg. Daß es nicht eine platt provozierte Gefühlsduselei ist, können wir auch den Entscheidern der Pace, Wildenstein Macgill Gallery in New York glauben, die als einer der besten Galerien in Sachen Fotografie weltweit gilt, bei der die Arbeiten 1999 ausgestellt wurden. Kinder sind, wie sie in der Ausstellung ja schon gesehen haben, auch nicht die einzigen Protagonisten der Serie, wenngleich sie bei der Auswahl von 22 Motiven von 34 heute ein Übergewicht erhalten haben. Ein weiterer thematischer Block sind Bilder von Dorfbewohner von Oudjilla in den Bergen von Nord-Kamerun. In traditioneller Festkleidung sind einige unschwer als Krieger zu erkennen. Wobei unter Krieger zu verstehen ist, daß sie sich in alten Zeiten mit Schild, Pfeil und Bogen gegen Viehdiebstahl zur Wehr setzten und heute ein vermutlich aussterbendes Brauchtum pflegen. Als Sammler alter Kunst aus Afrika bekomme ich heute noch ganz begehrliche Blicke, wenn ich die schönen und effektiv zu handhabenden Lederschilder auf den Bildern sehe. Sie sind als Sammlerobjekt seit Jahrzehnten derart begehrt, daß ich mich wunderte, noch einmal so viele auf einmal gesehen zu haben. Sollten militaristisch Anghauchte ein wenig mitleidg über diesen Aufzug lächeln, sei ihnen noch gesagt, daß ich bei vorigen Reisen in diese Gegend Pfeile erworben habe, bei denen ich auf Reste vom Gift eines so genannten Rotfischs achtgeben solle. Sie müßten nicht wirklich treffen, rechfertigten meine Gesprächspartner die Einfachheit von Pfeil und Bogen, eine kleine Wunde genüge, das Gift sei schnell. Abwehr also, keine Angriffskrieger. Ansonsten gibts gutes Hirsebier. Aber auch immer weniger. Das Motiv Nr 23 stellt zwei der Maskenträger aus dem Palast von Bafut dar, deren wichtigste Utensilien vermutlich Opfer der Flammen wurden. Traditionell auch dieses Motiv, aber ein völlig anderer kultureller Hintergrund. Sind im Norden viele indigene Kleinvölker in Auflösung und Assimilierung mit islamischen Fulbe und Haussa begriffen, behauptet sich das kameruner Grasland mit einer soliden Tradition in einer christlich dominierten Gegend. In Zeiten in denen die drei monotheistischen Weltreligionen hinter sich auch tendenziell eine kulturelle Gleichmacherei exportieren ist ein Verlust der Palastanlagen über den materiellen und musealen Wert hinaus auch ein symbolischer Verlust für eine sympathische Gegend, die ihre Tradition im Wandel pflegt und bei der konservative Haltung nicht rückwärtsgewandt Reaktionär heissen muß. Als Galerist ist mir der Zeitwert einer Arbeit wichtig. Es ist generell schwieriger mit Arbeiten eines solchen Prädikats Geld zu verdienen als mit Arbeiten die im hippen Mainstream liegen. Aber es sind gleichzeitig Anlagen in Historie. Mit dem speziellen Digitaldruckverfahren war Ralf Schmerberg neben David Hockney, Robert Rauschenberg oder Francesco Clemente einer der ersten Nutzer dieser technischen Innovation. Computergesteuertes Hochdruckverfahren auf Büttenpapier. Motive an der Schnittstelle von technischem Kommen und anthropologischen Gehen. Zeitwert. Wenn Sie mich in zwanzig Jahren fragen, was heute ein Schnäppchen gewesen sei, würde ich unter Anderem sagen: Motiv Nummer 23 hatte schon einen besonderen Stellenwert... Bevor ich nun langsam zum Ende komme soll noch ein Umstand betont werden, den ich während der Anfangsphase des Projekts viel mit Ralf Schmerberg besprach. Er wolle nicht einen Film über Kamerun machen, sondern einen Film über Afrika in Kamerun. Kamerun, Wenigen noch bekannt mit dem Tourismusslogan Afrika im Kleinen, bietet an einer geografischen und soziologischen Vielfalt im Verhältnis Größe und Entfernung Gegensätzlichkeiten wie kaum ein anderes Land und sollte deshalb exemplarisch für das stehen was Ralf als Geist Afrikas bezeichnet. Ob er das erreicht hat, weiss ich nicht. Er hat aber erreicht, einen Film über Kamerun zu machen. Für mich der Beste den es über dieses Land gibt. Der Film mit den wenigsten Klischees den ich kenne. Was man von den Ankündigungen dieser Afrika-Reihe nicht sagen kann. Wenn ich dies etwa provozierend sage, dann nicht um die Veranstalter, mit denen ich ja kooperiere, zu diskreditieren. Es soll nur nur veranschaulichen wie unterschiedlich man die Dinge betrachten kann und soll Ihnen einen Ansatz für Auseinandersetzung liefern. Schon als Eincatcher werden im schön gemachten Folder die gängigsten aller Klischees als Gebetmühle rezitiert. Der geliebte Sarottimohr meiner Kindheit herbeizitiert und von strengen Richtern im Zusammenhang mit Kindersoldaten zweifelhaft in einer Reihe entwürdigt. Baströckchenträger, die auf den billigen Veranstaltungen vom örtlichen Trommelworkshop zur Schulhausgeldcollekte zappeln dürfen. Also genau von jenen engagiert werden, die andauernd die gängigen Klischees der Öffentlichkeit bemängeln, sie aber selbst pflegen. Für wie undifferenziert werden die Medienkonsumenten gehalten, wenn ihr Bild Afrikas das von Kindersoldaten sei? Hier werden schon in der Ankündigung der Reihe Klischees wie Perlen auf eine Reihe gesetzt. Das verdummende an unseren Medien ist doch bezogen auf Afrika nicht ausgeprägter als der Unsinn der über Anderswo verzapft wird. Aber immer wird über die suggestiven Fragestellungen impliziert, daß Afrika ganz besonders dämlich dargestellt würde. Ergo wird. Es ist sachlich schon richtig, wenn in der Einführung gesagt wird: einerseits Chaos, Hungerepidemien, Bürgerkriege und Gewalt; andererseits bunt bemalte, edle Wilde sowie Elefanten und Giraffen vor einer blutrot untergehenden Sonne. Genau darum haben wir Hommage á noir gedreht. Um diesem Klischeecocktail von Reiseagenturen, Afrikarestaurants, Medien und infragestellenden Afrikasolidaristikern zu entgehen, in die ich mich gerade durch mein Kommen vielleicht wieder ein kleines Stück weit hineinbegeben habe: Ein Grund für schwarz-weisses Filmmaterial übrigens, um dem Ist ja alles so schön bunt hier zu entwischen. Es sind viele derjenigen die vorgeben für die Sache Afrikas zu kämpfen, die neben Medien und unter Nutzung der Medien am Meisten für das permanente wiederholen dessen verantwortlich sind was sie vorgeben in Frage zu stellen. Außer mit dem Budget hat Ralf Schmerberg mit gar nichts zu kämpfen. Er kämpft nicht für oder gegen. Er zeigt aber dies und das. Das, was man mit weit geöffneten Blick eben sehen kann - und hält es genial fest. Daß der scharfe Blick nicht nur in dieser Serie zum Tragen kommt, können sie die nächsten Tage in dem Fotoband Dirty Dishes sehen, der aktuell, gerade jetzt, bei Hatje Cantz erscheint. Daß Ralf einen Hintergrund hat, der sehr politisch ist indem er die Politik aussperrt, sehen sie in seinem monumentalen Projekt Dropping Knowledge. 112 ihnen bekannte Personen aus aller Welt beantworten an einem speziell konstruierten Tisch synchron an sie gerichtete Fragen. Später können Sie sich im Museum auf den Stuhl ihrer Wahl setzen und die Antworten abrufen. Mehr im Netz; wo für drucktechnisch Interessierte auch die Entstehung der ausgestellten Digitalprints im Detail erklärt wird. Sein Film Poem ist mit feinem Booklet und zwei DVDs bei mir zu haben. Bevor ich nun aber wirklich zum Ende komme, noch ein Hinweis in Bremer Sache. Unter den Besuchern ist Owusu-Ankomah aus Lilienthal, der ebenfalls in meiner Galerie seit weit über 10 Jahren vertreten ist. Neben ein paar wichtigen Museumsverkäufen in den letzten Jahren wurde er juriert, einer von 12 internationalen Künstlern der FIFA-Edition zu sein. Neben Rosemarie Trockel, Sarah Morris, Norbert Bisky oder Tobias Rehberger gut im Ranking. Mit dem Glück, in Kürze weltweit im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft promoted zu werden, dürfte der Maler einer der bekanntesten in Europa lebenden Afrikaner im Gebiet Fine Art sein. Direkt vor ihrer Haustüre. Wenn das keine gute Nachricht ist! Ich nehme an, einige von Ihnen haben den Film Hommafe á noir schon gesehen. Heute wünsche ich Ihnen ganz viel Freude beim Betrachten der Fotografien von Ralf Schmerberg und ausreichend Gesprächsstoff für den Ausgang des Symposions mit folgendem fröhlichen Umtrunk. Nicht vergessen. Ein Symposion ist überliefert eine beredte Zusammenkunft mit anschließendem Gelage. Vielen Dank für Ihre Geduld. Out/Off Africa.
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