Kolumnen | Galerie Peter Herrmann |
Kolumne vom 27.4.2002 Liebe Leser, nachdem auf dieser Seite bis vor Kurzem die Eröffnungsrede der Ausstellung mit Marie Pittroff lag, ist es nun mal wieder soweit: Die Meinung des Galeristen und interessante Neuigkeiten zu Ihrer Erbauung. Die kritischen Ausführungen zur Documenta XI, den platten Formen der dazugehörigen Plattformen und die dezenten kleinen Seitenhiebe gegen ein paar hiesige Institutionen hatten eine nicht uninteressante Wirkung. Verschieden Pressedienste, unter anderen "Der Spiegel" und "Art", sind bei ihren Recherchen auf diesen Seiten gelandet und erfragten kürzlich detailliertere Informationen. Vom Informationsdienst Kunst wurde das Thema schon vor einigen Monaten aufgegriffen und führte zu einigen Zugriffen auf meine Kolumnen. Auch Leserbriefe habe ich erhalten und habe den Eindruck, dass alle weitgehend mit meinen Formulierungen übereinstimmten. Deshalb freue mich schon auf die nächste Kolumne. Dort werde ich noch einmal mit subversiver Energie vom Leder ziehen. Noch mehr freue ich mich allerdings, mich aus der Rolle des Dauernörglers weg zu bewegen und auch einmal die positiven Aspekte aus der Sicht eines Galeristen zu betonen. Ich bekomme beim Lesen meiner vergangenen Zeilen ja schon Verschwörungsdepressionen. Bei Erscheinen dieser Zeilen wurden die erste inoffizielle Liste der Documenta mit deren teilnehmenden Künstler veröffentlicht. Stimmt die, dürfte meine Kritik im Vorfeld allerdings mehr als berechtigt gewesen sein. Gedulden Sie sich noch ein wenig, in wenigen Tagen wissen wir mehr. Die Stuttgarter Ausstellung "Zeitweise" von art+ darf als ein grosser Erfolg gewertet werden. Johannes Rave und Oliver Woye verkauften mehrere Arbeiten der elf beteiligten Künstler und haben, was der erweiterte Sinn der Show war, vielversprechende Firmenkontakte aufgebaut. Die Mischung machts. Herr Rave holte gesetzte Künstlerpersönlichkeiten aus seinem Umfeld und setze eine gediegene und hochwertige süddeutsche Komponente. Herr Woye wählte die Künstler meiner Galerie und ergänzte dadurch mit internationalen Highlights. Mit Oyekan als Gewinner des Goldawards der Keramikbiennale in Korea und Tayou mit gleichzeitiger Ausstellung in der Kunsthalle Bern, im Palais der Tokyo in Paris, einer kommenden Einzelausstellung im Nationalmuseum in Korea und last not least als Documentateilnehmer, waren zwei Zugpferde in Stuttgart in der Ausstellung plaziert, die sich gewaschen haben. Nicht zuletzt auf Grund der Stuttgarter Ausstellung und meiner ausschliesslichen Verkäufe dorthin, lästerte ich in letzter Zeit gegen ein total provinzielles Berlin, dessen Hauptmerk darin bestünde, für preussischen Monumentalismus unseren Länderfinanzausgleich zu verbraten. Doch au weh, wurde mir bei einer frühmorgendlichen Sitzung im Crowns vom dortigen Chef Herr Böhm unter kompetenter Beihilfe von Herrn Scholl vom legendären Rum Trader gründlich der Kopf gewaschen. Selten habe ich einen alkoholisierten Disput so furios verloren. Ich werde in Klausur gehen und Abbitte bei Allen von mir ungerecht behandelten leisten. Asche auf mein Haupt. Die Zerlegung meiner sensiblen Psyche kam im rechten Augenblick. Waren wir doch in Vorbereitung meiner traditionellen Mittwochabendgesellschaft. Karl Renz, ein in Berlin lebender Künstler, international einherreisend in Vortragssachen Kunst und Philosophie, machte den Anfang. "Kann Kunstförderung Kunst fördern?" hiess das Einstiegsthema. Herr Renz kam auf Subventionen zu sprechen. Durch einen provokanten Einstieg reizte er die anwesenden 10 Personen dadurch, dass er eigentlich sehr wenig sagte, dies aber sehr wortreich. Wir sind so schlau als wie zuvor. Um diese Erkenntnis zu bekommen, mussten wir mehrere französische Rote in uns hinein tun. Andere fanden den Weg zum unendlichen Wissen über Orangensaft. Zunächst finden die Mittwochabendgesellschaften zweiwöchentlich statt. Es werden unterschiedliche Themen angesprochen, die mit Kunst im weitesten Sinne zu tun haben. Gesprächsabende mit Themensetzungen über Theorie und Praxis. Objektbesprechungen, Dia- oder Filmvorführungen. Garniert mit Essbarem und flüssiger Geistesnahrung. Der nächste Abend findet nächsten Mittwoch den 7. Mai um 20 Uhr statt. Er wird ein weniger trockenes Thema erhalten. Noch ein paar Worte zum Ablauf. Um die Gäste trefflich zu umsorgen werde ich von Petra Winarsky unterstützt. Fünf Eurothaler werden an der Eingangskasse berappt, anderes gibts gegen Bares an der Bar. Oliven, Käse und Brot wurden gratis gereicht, vielleicht bleibt das so. Der Rest ist Förderung gehobener Sprach- und Streitkultur. Nochmals und Nichtsdestotrotz zu Berlin. Auch in der Ausstellung mit Marie Pittroff ging bis kurz vor Ausstellungsende kein Verkauf nach Berlin. Nachdem ich gerade den "Dreifachen Herrmann", ohne Netz und doppelten Boden machte und schon wieder einen Umzug gestaltete um in eine bessere und preiswertere Geschäftslage zu kommen, könnte nun wirklich ein bisschen mehr passieren. In den ehemaligen Räumen der Galerie Nothelfer angelangt, habe ich dreimal mehr Besucher, viele Künstlerbewerbungen, Kommentare voll des Lobes über die Ausstellung, fette Presse, sogar Fernsehen. So gesehen alles Palletti. Nur die Eurothalerscheine lassen sich nicht sehen. Zweieinhalb Jahre hat Marie Pittroff für diese Ausstellung gearbeitet - und wo gehen die Geschäfte? Schon wieder in Stuttgart! Die Berliner Lästeropfer müssen mir schon auch ein wenig verzeihen wenn ich ob dieser Unbill mal den Glaube verliere. Unerschütterlich gehts jedoch weiter. Da bis heute die Jury noch nicht bekannt gegeben hat, ob Ralf Schmerbergs Film Poem in Cannes angenommen wird, haben wir, um Synergieeffekte nicht zu verschleudern, unsere Ausstellung vom Stamm der weissen Krieger und Hommage à Noir auf Ende Juni verschoben. Dafür habe ich die Ausstellung mit Bili Bidjocka vorgezogen und hoffe, dass wir in der Kürze der Zeit alles termingerecht schaffen. Der Kameruner, der einer der 12 von mir damals vorgeschlagenen Künstler in der 7. Triennale der Kleinplastik 1998 in Stuttgart war, lebt heute in Brüssel und hat eine ähnlich Aufsehen erregende Karriere wie sein Landsmann Tayou. A pro pos Triennale. Einige Leser werden sich erinnern. Zwei Jahre tänzelte der zuständige Kurator in meiner Galerie rum. Wählte von einer Liste mit 25 Künstlern die ich ihm erstellte, letztlich besagte 12 aus, erhielt mit dieser hochpotenten Sockelung eine weitere Anzahl namhafter Afrikaner und knallte mir kurz vor Ende der Vorbereitung heimlich und durchaus hinterrücks meinen Pariser Konkurrenten André Magnin vor den Latz. Damit in Stuttgart niemand merken sollte woher der Herr Kurator seine Lorbeeren holte, tauchten zwar ganze Textpassagen von meinem Around and Around-Text in den Vorwörtern auf, aber einen Hinweis oder eine Danksagung auf mich war nirendwo im Katalog zu sehen. Dafür durfte Magnin zum hunderfünfzigsten Mal seine Picasso-leier verbraten, nur seine Künstler wurden für Pressefotos verwendet und hatten die besten Ausstellungsplätze. Ein durchaus üblicher Umgang mit Galerien in Deutschland. Doch auch hier ist die späte Rache mein. Ich hatte dem Herrn Kurator schon im Vorfeld abgeraten, auf den naiven Überhang der Pigozzisammlung, dessen Einkäufer Magnin ist, weitgehend zu verzichten. Daß er dann mit den Särgen aus Ghana populistisch selbst da noch einen draufsetzte, wurde ihm zum Verhängnis. Seine geplante Annäherung an die Documenta hat er sich damit selbst verbaut. Der Zorn der von mir vermittelten Künstler war ihm sicher. Man nennt das Ganze "Die Exotismusfalle". Hinfort und weg. Es soll der Herr Kurator gräuslich in der Schwäbisch-Göppinger Provinzhölle schmoren.
Wie die treuen Leser meiner erbaulichen Zeilen wissen, spreche ich auch immer wieder die Themenbereiche alter afrikanischer Kunst an, die fast ausschliesslich von völkerkundlicher Wissenschaft besprochen wird und von Händlern und Sammlern antiquarischer Couleur belebt wird. Im Laufe der letzten Jahre hatte ich öfters den Eindruck eine Staublunge zu bekommen. Meterdick lag eine Schicht auf allem was mit diesem Thema in Deutschland zu tun hatte. Neben der Entwicklung in Stuttgart, auf die ich im Folgenden noch kurz komme, gibt es die letzten Jahre auch durchaus angenehme Neuigkeiten. Das Völkerkundemuseum in Frankfurt hatte sich schon vor einigen Jahren in Museum der Weltkulturen umbenannt und konzentriert sich zunehmend um den Komplex zeitgenössischer Betrachtungen. Der oben genannte Fotozyklus "Der Stamm der weissen Krieger" wurde 1995 im Hamburger Museum für Völkerkunde gezeigt, um zu hinterfragen, wie weit die Ethnologie den Bereich der Kunst für ihre Interessen benützen kann. Prompt beantwortete der Direktor Prof. Dr. Wulf Köpke in der "Neuen Bildenden Kunst" diesbezügliche Fragen. Immerhin wurde genau jene Ausgabe mit dem Titel "Das Marco Polo Syndrom" im deutschsprachigen Raum zu einer Schlüsselveröffentlichung zum Umgang mit aussereuropäischer Kunst. Das Staatliche Museum für Völkerkunde München hat in Herr Dr. Eisenhofer einen neuen Leiter der Afrikaabteilung, ebenso wie das Museum för Völkerkunde Dahlem in Berlin mit Dr. Peter Junge, der vom Bremener Überseemuseum wechselte. Beide zeigen sich sehr aufgeschlossen gegenüber zeitgenössischen Strömungen. Herr Dr. Eisenhofer machte mit Publikationen auf sich aufmerksam, in denen er überkommene Kriterien der Betrachtung alter afrikanischer Bronzen anzweifelte und brachte dadurch indirekt und in dankenswerter Weise neue Bewegung in die Betrachtung meines Galeriefundus. Ein weiterer wichtiger Erfolgsparameter ist ein Etappenerfolg in Stuttgart und betrifft die "Stuttgarter Posse". Herr Dr. Hermann Forkl, Leiter der Afrika-Abteilung vom Stuttgarter Museum für Völkerkunde bekam am 8. März vom Landesgericht gesagt, er solle sein großes Mundwerk zügeln. Er darf also per Gerichtbeschluß seine rufschädigenden Äußerungen nicht mehr von sich geben. Wir warten nun auf die Bearbeitung der verschleppten Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn, die im Ministerium für Wissenschaft und Kunst auf Initiative der Kulturbürgermeisterin Frau Dr. Magdowski, Herr Kotalla, Herr David der Schweizer Galerie WALU und mir gegen ihn vorliegt. Als inoffizielle Meldung wird vom neuen Direktor des Museums Herr Dr. Thomas Michel erzählt, er habe Forkl die Unterstützung versagt. Das heißt, die Prozessierwut des unangenehmen Wissenschaftlers wird fürderhin nicht mehr vom Regierungspräsidium, ergo Steuergelder, finanziert. Dann
sind da immer noch die gewisse Ankäufe im Nebel, deren eigentümliche
Praxis ein besonderes Licht auf die Vorgehensweise des Herrn Forkl wirft.
Einstweilen schmeisst er jedoch weiter mit Dreck um sich. Erst jetzt
erfuhr ich, daß er sich Juli 2001 nicht entblödete dem Landesverband
Berliner Galerien zu schreiben, ich wäre kein geeignetes Mitglied.
Auf Briefpapier des Lindenmuseums versteht sich. Die Rache des Künstlers?
Geben sie mal in Yahoo
die Suchbegriffe Lindenmuseum oder Hermann Forkl ein! Links zum Thema: Jeden Monat gibt es durchschnittlich etwa 20 Zugriffe von völkerkundlich Interessierten auf die Seite Stuttgarter Posse seit März letzten Jahres. Stuttgarter
Nachrichten vom 24. April 2001 Alles über den neuesten Stand der Forschung bezüglich Echtheitserkennung und warum der absolut nicht Wissen schaffende Forkl auch hier keinerlei Durchblick hat. Oder, wie vermutend erwähnt, aus bestimmten Gründen nicht haben will. Eine hervorragende Wissenschaftliche Stellungnahme von Dr. E. Wachendorff und Dr. H. Kuebler, die Sie sich unbedingt ausdrucken sollten.
Nachdem in der vorletzten Kolumne die enormen Steigerungsraten meiner Seiten mit Statistiken visualisiert wurde, gibt es in diesem Zusammenhang ein interessantes und erwähnenswertes Phänomen, das für die Beurteilung der Nutzung des Internet auch für Sie von Bedeutung sein könnte. Nachdem sich im Zeitraum von wenigen Monaten die Zugriffsrate verdoppelte, begann ich die Seiten mit Büchern und Repliken auszubauen in der Hoffnung, einen kleinen Markt für E-Kommerz zu bekommen. Statt einer Zunahme, geht nun aber der Handel auf meinen Seiten insgesamt zurück. Wurden vor einigen Jahren durchaus vielversprechende Umsätze übers Netz getätigt, gehen diese, widersprüchlich vor ständig wachsendem Umfang der Domain, immer weiter zurück. Wo das Netz einen unbedingten Nutzen hat, ist für die Künstler der Galerie. Es sind mittlerweile einige, die meine Seiten in jeder ihrer Korrespondenzen angeben und damit einer der wesentlichen Gründe für die Zunahme der Besucher darstellen. Das heisst, die Künstler nützen das Netz im erweiterten Sinne eines Kataloges. So sorgt Laura Anderson Barbata für alleine 50 Zugriffe aus Mexico im letzten Monat. Liz Crossley für ähnlich viele aus Südafrika. Die beiden Spitzenreiter, und dies seit Jahren, sind jedoch Ralf Schmerberg und Cheri Samba mit derzeit etwa je 250 Besuchern pro Monat. Wodurch sich diese Menge ergibt, kann ich an meiner Statistik leider nicht ablesen.
Ich hoffe, daß von den angesprochenen Themen wieder etwas für Sie dabei war und freue mich immer über ein Feedback. Ein letzter Hinweis zum Schluss. Schauen Sie in die Juniausgabe von ART, dort kommt eine groß angelegte Vorschau zur Documenta und vielleicht ein Bild von Pascale Marthine Tayou und Bili Bidjocka. Und ein allerletzter. Nicht die Mittwochabende vergessen. Es grüsst, Peter Herrmann |